Möchte die Quelle sein …

Möchte die Quelle sein,
dem Gebirg‘ entspringend,
meine Flut, rauhen Wegs,
durch Geklüfte zwingend …
Aber dann nur, wenn mein Lieb
Goldenfischlein wäre,
plätschern wollt‘ in meinen Wellen
munter kreuz und quere.

Möchte das Wäldchen sein,
einem See zur Seite,
jedem Sturm stellt‘ ich mich
kühn zum Widerstreite …
Aber dann nur, wenn mein Lieb
wär‘ die kleine Meise,
die mir nistend im Geäste,
sänge ihre Weise.

Möchte sein, hoch am Berg,
eine Schloßruine,
sähe da dem Verfall
zu mit heitrer Miene …
Aber dann nur, wenn mein Lieb
wär‘ die Efeuwinde,
ihre schlanken Arme schlänge
mir ums Haupt gelinde.

Möchte die Hütte sein,
tief im Tal gelegen,
deren Dach, strohgedeckt,
wund von Schnee und Regen …
Aber dann nur, wenn mein Lieb
an der Feuerstelle
wär‘ die Glut, die freundlich glimmend
Wärme gäb‘ und Helle.

Möchte die Wolke sein:
die zerstückte Fahne,
aus der Höh‘ flatternd hin
über ödem Plane …
Aber dann nur, wenn mein Lieb
wär‘ die Abendröte,
meinem bleichen Angesichte
ihre Gluten böte.

Sándor Petőfi

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